Rote Post #28
Posted: Mai 27th, 2020 | Author: Norah | Filed under: General | Kommentare deaktiviert für Rote Post #28Die gesamte Ausgabe als Download
HAMBURG
BULLENSCHIKANE IN MÜMMELMANNSBERG
Kurz nach dem 1. Mai kam es in dem Arbeiterviertel im Hamburger Osten zu massiven Schikanen der Bullen gegen Jugendliche aus dem Viertel. Die Bullen besetzten die U-Bahn-Ausgänge und führten willkürliche Kontrollen durch, insbesondere gegen migrantische Jugendliche. Zuvor hatten sich einige Jugendliche in Bahnhofsnähe getroffen, laut den Bullen sollte angeblich eine Schlägerei verhindert werden. In einem der Hochhäuser brannte es zur selben Zeit kurz, was laut Angaben der Anwohner wohl öfter vorkommt. Das Treffen der Jugendlichen wurde durch die Bullen als angebliche „Versammlung“ aufgelöst. Es gab Personalienkontrollen und die Bullen durchsuchten die Jugendlichen nach Messern und anderem. Die Suche nach Jugendlichen, die sich angeblich an der Schlägerei beteiligen wollten, reichte über den Stadtteil hinaus. Als einige den Ort verließen, wurden die Kontrollen auch auf die umliegenden Stadtteile ausgeweitet.
Dass die Jugendlichen in den Arbeitervierteln Stress anfangen, ist nichts Neues oder Ungewöhnliches. Ihr gerechtfertigter Hass auf die Verhältnisse, unter denen sie groß geworden sind sowie auf dieses System, entlädt sich auf der Straße. Grade jetzt, während verschärfter Corona-Maßnahmen, die keine Treffen und Menschenansammlungen, keine Schule, kein Sport, keine anderen Freizeitmöglichkeiten mehr zulassen, ist es wenig verwunderlich, dass sich die Wut früher oder später entlädt. Wenn man den ganzen Tag mit seinen Geschwistern in einer zu kleinen Wohnung verbringen soll, führt das automatisch zu Frustration. Mögliche Ventile den Frust rauszulassen, wurden entzogen. Die Jugendlichen werden durch die Herrschenden gegeneinander aufgehetzt, damit sich ihre Rebellion nicht gegen sie richtet. So kommt es, dass die Jugendlichen sich gegenseitig angehen, und zum Beispiel der Hamburger Osten gegen den Hamburger Süden gestellt wird. Dabei muss klar sein, dass es für uns alle die gleichen Ursachen sind, die unsere Lebensverhältnisse bestimmen. Die Imperialisten sind die Unterdrücker, nicht die anderen Migranten. Deshalb müssen wir zusammenstehen und unsere gerechtfertigte Rebellion gegen unsere Unterdrücker richten, nicht gegen uns selbst.
Wir wurden von den Jugendlichen in den Vierteln gefragt: Warum schikanieren die Bullen immer gerade uns? Warum gehen sie bei uns besonders hart vor? Der Staat will, dass die Jugendlichen bloß die Füße still halten. Sie wollen die gerechtfertigte Rebellion im Zaum halten und in legale Bahnen lenken, damit sie im Viertel die Kontrolle behalten. Die Bullen sind Staatsdiener und versuchen in ihrer Position, die Kämpfe der Massen mit allen Mitteln zu verhindern. Ihre Interessen sind gegensätzlich zu unseren, auch wenn sie versuchen, das Gegenteil zu behaupten.
Das zeigt sich nicht nur in Mümmelmannsberg, das beweisen auch Berichte eines jungen Mannes, der mitten in der Innenstadt wegen irgendeines Verdachtsmoments zu Boden gedrückt, festgesetzt und verhaftet wurde. Hinzu kommt der blanke Rassismus, der in den Reihen der Bullen Gang und Gebe ist. Kein Wunder, dass sie sich als Herrenmenschen vorkommen, wenn sie tagtäglich den deutschen Staat verteidigen. Jeder Schwarze, jeder mit Migrationshintergrund wurde bei diesem Vorfall unter Generalverdacht gestellt, sich an einer Schlägerei beteiligen zu wollen. Es wurden willkürliche Kontrollen und Durchsuchungen durchgeführt, u.a. um bloß jemanden mit Messer in der Tasche zu finden, an dem man dann ein Exempel statuieren kann. Die schwarzen Jugendlichen im Viertel bestätigten uns, dass das in der Vergangenheit oft vorgekommen ist. Die speziellen Maßnahmen, die zur Zeit der sogenannten Corona-Krise durch die Regierung in Kraft sind, machen es den Bullen besonders einfach. Sie brauchen keinen konkreten Verdacht mehr. In dieser Zeit ist bereits eine Ansammlung von Jugendlichen genug, um diese zu kontrollieren. Eine Angestellte im Einzelhandel berichtete uns, dass die Bullen vor der Tür nur darauf lauern würden, dass Menschen ohne Maske den Laden betreten, um Bußgelder verhängen zu können. Auf schwammiger rechtlicher Grundlage von Dekreten und Verordnungen wird faktisch der Ausnahmezustand durchgedrückt. Die Leute auf den Straßen sollen sich daran gewöhnen, dass der Staat Unterdrückungsmaßnahmen gegen sie macht. Die Maßnahmen, die z.B. das Versammlungsrecht aushebeln, sind nicht da, um uns zu schützen, sondern sie sollen vor allem das System schützen. Was mit Infektionsschutz gerechtfertigt wird, dient dazu, Aufstandsbekämpfung zu üben. Aufstände, die gerade zu Zeiten, wo die Krise auf unserem Rücken abgeladen wird und wir massenweise unsere Jobs verlieren oder in Kurzarbeit gesteckt werden, greifbare Realität werden. Die Herrschenden wissen, dass wir bald keine Geduld mehr haben und gehen deshalb jetzt schon so drakonisch vor. Die proben den Ausnahmezustand, für den Moment, wo sich die Situation noch mehr zugespitzt hat.
Und nicht nur das: In der Corona-Zeit wird versucht, Massen gegen Massen zu stellen. Durch die Propaganda der Herrschenden wird versucht, ein Feindbild der „Unverbesserlichen” zu schüren, die trotz aller Appelle der Regierung auf die Straße gehen und sich treffen. Das wird mit Infektionsschutz begründet, obwohl wir trotzdem in Betrieben arbeiten dürfen, die sich nicht um den Schutz ihrer Mitarbeiter kümmern usw. Das zeigt: Der Schutz der Massen wird nur beachtet, solange es dem System etwas nützt. Durch dieses Feindbild wird das Denunziantentum gefördert. Das heißt, die Spaltung des Volkes und der Arbeiterklasse wird vorangetrieben, indem Leute andere Leute verpetzen, wenn sich zum Beispiel mehr als zwei Personen in einer Wohnung aufhalten. Es ist gerade jetzt wichtig, zusammenzustehen, und zu kämpfen und sich zu wehren, gegen die faschistische Tendenz, gegen die drakonischen Maßnahmen und gegen den Rassismus. Wir dürfen uns nicht spalten lassen und die ständigen Bullenschikanen nicht einfach hinnehmen.