Rote Post #54

Posted: September 14th, 2022 | Author: | Filed under: Rote Post | Kommentare deaktiviert für Rote Post #54

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HAMBURG

SAGA erhöht Energiekosten

Spätestens seit dem 1. August sind die Folgen der sogenannten Energiekrise auch hier in Hamburg angekommen. Hamburgs größter Vermieter – das kommunale Wohnungsunternehmen SAGA – erhöht am dann die Vorauszahlung für Energie für ein Drittel ihrer 137.000 Wohnungen. Das trifft zehntausende Mieter in Hamburg, die nun mehr zahlen müssen. 50 Cent bis 1 Euro soll es pro Quadratmeter teurer werden. Bei einer Wohnung mit 70 Quadratmetern sind das 35 bis 70 Euro mehr im Monat.

Noch am 30. Juni ließ die SAGA auf ihrer Internetseite verkünden: „In Summe erzielte der Konzern im Geschäftsjahr 2021 einen Jahresüberschuss von 225,9 Mio. Euro (2020: 225,6 Mio. Euro).“ Über Geldprobleme hat sich die SAGA also nicht zu beklagen. Statt seine Mieter aber nicht weiter zu belasten, setzt der städtische Wohnungskonzern natürlich noch mal einen drauf und zieht den breiten Massen auch noch mehr Geld aus den Taschen. Schon im Januar diesen Jahres erhöhte die SAGA die Vorauszahlung der Energiekosten – das war noch vor dem Krieg in der Ukraine. Die jetzige Erhöhung ist also schon die zweite in diesem Jahr. Besonders für die Menschen in den Arbeitervierteln, in denen die SAGA vermietet, ist das ein weiterer Schlag, der zu den allgemeinen Teuerungen und der Inflation dazu kommt. Gerade jetzt, wo man sowieso nicht mehr über die Runden kommt, steigen auch noch die Kosten fürs Wohnen. Kurz, nachdem die SAGA die Energiepreissteigerung angekündigt hat, waren wir in Mümmelmannsberg und Billstedt unterwegs und haben einige Stimmen der Arbeiter vor Ort gehört, die in den Gesprächsrunden der Herrschenden nie gehört werden.

Eine Rentnerin aus Mümmelmannsberg sagte uns gegenüber:

Man kann nichts mehr bezahlen, nicht mal mehr die kleinen Dinge wie Butter. Vor einem Jahr hat man für Butter im Angebot noch 1,09 Euro bezahlt. Jetzt bezahlt man für Butter im Angebot 2,29 Euro. Und es ist ja kein Ende in Sicht. Wenn die Miete jetzt auch noch höher wird, dann wird es noch schlimmer. Ich hab nur knapp 900 Euro Rente, und wenn das so weiter geht, muss ich meinen Hund weggeben, weil ich mir den nicht mehr leisten kann. und da, wo ich sparen kann, sparen muss. Aber die Situation von uns Rentnern interessiert ja keinen mehr. Sobald man in Rente geht, soll man nur noch still sein und ins Grab fallen – so ist es doch. Ein Mitspracherecht gibt es für uns nicht mehr.“

Rentner sind wahrscheinlich diejenigen, die aktuell wieder am stärksten von der Krise getroffen sind. Bei den Entlastungspaketen des Staates waren Rentner diejenigen, die am schlechtesten weggekommen sind. Die Rentner wurden nämlich gänzlich ausgeklammert. Nicht mal Einmalzahlungen gab es für Rentner. Die Frau, mit der wir gesprochen haben, hat völlig Recht, wenn sie sagt, dass man als Rentner kein Mitspracherecht mehr hat und dem Staat völlig am Arsch vorbeigeht.

Die SAGA selbst empfiehlt nun einfach, Energie zu sparen, und hat dazu einen Katalog mit nutzlosen Tipps herausgegeben. Darin wird einem gesagt, wie man am besten ohne Heizen auskommt. Klar ist aber, dass, wenn es in einigen Monaten wieder richtig kalt wird, wir heizen müssen. Gerade für ältere Leute, die körperlich nicht mehr so fit sind und häufig Erkrankungen oder Behinderungen haben, kann Energie sparen durch Nicht-Heizen gefährliche Folgen haben.

Eine Frau aus Billstedt sagte uns im Gespräch, nachdem wir sie auf die Energiepreissteigerung bei der SAGA ansprachen:

Ich will das alles gar nicht mehr hören. Man denkt immer, irgendwann muss doch mal Schluss sein, aber dann kommt noch was oben drauf. Und dann immer diese Schuldzuweisungen. Immer ist Putin an allem Schuld und unsere Politiker können gar nichts dafür. So ist das doch nicht, die geben uns doch auch nichts … Wenn ich das irgendwann nicht mehr bezahlen kann, dann mach ich das einfach nicht mehr. Sollen die doch kommen und mir alles wegnehmen, irgendwann ist doch mal Schluss, ich lass doch nicht alles mit mir machen.“

Ein Mann, mit dem wir auch in Billstedt sprachen, sagte uns:

Ich gebe schon mehr als die Hälfte meines Gehalts für Miete aus und komm am Ende des Monats immer bei Null raus. Ich hab zwei Kinder zuhause sitzen, die haben Hunger, auch wenn ich mehr für Miete bezahlen muss. Meinen Kindern ist das egal. ob’s teurer wird oder nicht, die haben Hunger so oder so. Wenn schon alles teurer wird, sollen die uns auch mehr Geld geben. Aber sagen die meinen Kindern irgendwann, dass das Essen zu teuer ist und es deshalb nichts mehr gibt? Nein, und ich glaube, das interessiert die auch gar nicht. So ein Politiker verdient doch auch genug, der weiß doch gar nicht wie das ist und was das heißt.“

In teuren Städten wie Hamburg ist es mittlerweile völlig normal, dass Arbeiter mehr als die Hälfte ihres Lohns für Miete blechen müssen. Hat man im Jahre 2000 noch knapp 5,70 Euro pro Quadratmeter in Hamburg bezahlt, waren es letztes Jahr schon 9,30 Euro. Die Mieten schießen seit Jahren in die Höhe, während die Löhne nur langsam und keineswegs proportional dazu besser werden. Aber in einer Gesellschaft, in der es nur um Profit geht, ist das der Lauf der Dinge – ob Kinder am Ende hungern oder nicht.

Die Leute haben die Schnauze voll davon, dass alles teurer wird und keine Besserung in Sicht ist. Egal, in welchem Viertel man unterwegs ist, überall sinkt die Zustimmung für die Regierung und diesen Staat. Und der Drang, etwas dagegen zu tun, ist da. Bei den Alten sowie bei den Jungen, denn keiner kann und will so weiter machen. Aber wenn jeder für sich alleine bleibt, dann bleiben wir alle schwach. Wir haben mit den Preissteigerungen und der Inflation alle die selben Probleme. Wir müssen uns zusammen schließen und uns gemeinsam gegen diese Probleme wehren. Wenn z.B. ein ganzes Viertel, oder lasst es nur einen ganzen Block sein, die erhöhten Energiepreise nicht bezahlt – wie es die Frau aus Billstedt tun will, mit der wir gesprochen haben – dann kann die SAGA auch nichts machen. Oder wollen sie die Bewohner eines ganzen Blocks einfach rausschmeißen?


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