Rote Post #45

Posted: Dezember 14th, 2021 | Author: | Filed under: Rote Post | Kommentare deaktiviert für Rote Post #45

 

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BADEN-WÜRTTEMBERG

Wohnen ohne Wasser dank Vonovia

Wohnen im Kapitalismus? Das ist nicht einfach, das weiß schon jedes Kind. Dann noch vernünftig zu wohnen, das ist besonders schwer. Denn Wohnraum ist kein Menschenrecht. Nein, Wohnraum ist eine Ware, mit welcher Profit gemacht wird. Natürlich zum Nachteil der Mieter, vor allem für die der Arbeiterklasse. Dass sich in dieser Gesellschaft alles um Profit dreht, ist den meisten bewusst, immerhin wird dieser selbst aus den absolut allgemeinsten menschlichen Grundbedürfnissen erwirtschaftet, wie unter anderem teure Sanifair-Toiletten auf den Autobahnen es beweisen. Auch in der Frage von Wohnraum gibt es einige Geschichten, die sehr klar aufzeigen, dass die Bedürfnisse der Menschen hinter dem Profit der Miethaie und Bonzen stehen.

Wir möchten hier erst mal von den Häusern im Augener Weg im Freiburger Arbeiterviertel Weingarten berichten. In diesen Häusern haben die Bewohner schon seit März kein richtiges Wasser mehr. Grund dafür ist eine Sanierung, welche Aufgrund von Legionellen im Wasser durchgeführt werden musste. Im Zuge dessen wurde immer wieder in den verschiedenen Häusern, teilweise auch ohne Ankündigung, das Wasser abgestellt. Vor den Häusern steht auf der einen Seite massenhaft Schutt, der von den Bauarbeiten aus den Wohnungen stammt, und daneben große Duschcontainer, in welchen die Leute gezwungen sind, zu duschen, da sie in ihren Wohnungen kein Wasser mehr haben. Im Zuge der Sanierungen kam es in einigen Häusern auch noch zu Schimmelfällen. Laut dem Wohnungskonzern Vonovia (dem die Häuser offiziell gehören), weil die Bewohner angeblich nicht richtig gelüftet hätten. Manch einer würde jedoch sagen, dass es daran liegt, dass die Leute, die für die Planung der Sanierung verantwortlich sind, ihren Job nicht richtig machen. So oder so leben die Leute dort unter extrem schlechten Bedingungen. Offensichtlich, denn seit März leben die Bewohner des Augener Wegs auf einer Baustelle. Und auf einer Baustelle zu leben ist natürlich nicht all zu angenehm.

Nun hat Vonovia stolz angekündigt, dass sie aufgrund dieser katastrophalen Situation die Mietpreise nicht erhöhen und den Bewohnern entweder direkt oder durch eine kurzfristige kleine Mietminderung eine Entschädigung liefern wollen. Ob und inwieweit es diese Entschädigung am Ende geben wird, ist für uns gerade nicht offensichtlich. Klar ist jedoch, dass auch, wenn es eine solche Entschädigung gibt, dies nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist. Die Leute haben dort seit März in ihren Häusern eine Baustelle und regelmäßig kein fließendes Wasser. Ein paar hundert Euro als Entschädigung ändern daran auch nichts. Und dass Vonovia gönnerhaft angekündigt hat, in dieser Situation die Mietpreise nicht zu erhöhen, ist auch ein schlechter Witz.

Im Jahr 2005 wurden die Häuser im Augener Weg an die Vonovia verkauft. Seitdem wurden die Häuser massiv heruntergewirtschaftet. Sie wurden vernachlässigt und es wurde nur das absolut nötigste zur Instandhaltung getan. Dass dadurch am Ende dann solch eine katastrophale Situation entstehen kann, liegt auf der Hand. Doch genau hier zeigt sich die Klassengesellschaft, denn die Leute, die dafür verantwortlich sind, müssen nicht ohne Wasser in den heruntergekommenen Häusern im Augener Weg wohnen, sondern wohnen in Villen und schicken Neubauwohnungen und machen mit diesem ganzen Mist am Ende auch noch Profit gemacht.

An vielen Orten in Freiburg gibt es ähnliche Situationen. Gerade der Immobilienriese Vonovia ist dafür bekannt, sich nicht um die Bedürfnisse der Menschen in ihren Häusern zu scheren. Das erkennt man klar, wenn man sich verschiedene Häuser, die von Vonovia verwaltet werden, anschaut. In Landwasser gibt es zum Beispiel eine große Reihe von Wohnblocks, die Vonovia gehören. Auch hier gab es an mehreren Orten bereits Fälle von Legionellen. Wenn man durch jene Blocks geht, erkennt man ziemlich klar, dass sich von Seiten Vonovias nicht um die Instandhaltung und die Sauberkeit der Häuser gekümmert wird. Nein, die Häuser sind heruntergekommen und dreckig ohne Ende, und die einzige „Maßnahme“, die konsequent durchgeführt wird, ist dass politische Plakate, die in den Blocks auftauchen und zum Kampf gegen diese Verhältnisse aufrufen, schnell entfernt werden. Mit einer flächendeckenden Installation von Kameras in den Blocks versucht der Konzern nun widerständige Handlungen zu verhindern, indem er die Bewohner massenhaft überwacht.

Aktuell ist ein Thema sehr breit diskutiert, nämlich die Frage der Enteignungen. In Berlin gab es kürzlich eine Abstimmung über Enteignungen großer Wohnungskonzerne wie Vonovia. Die Mehrheit der Teilnehmenden 56,3 Prozent stimmte für die Enteignung der Mietriesen. Allerdings besteht bei diesem Volksentscheid erstens keine rechtliche Bindung, diesen umzusetzen, zweitens müsste der Staat selbst, wenn er dies umsetzen würde, die enteigneten Wohnungskonzerne mit Milliardengeldern entschädigen.

Das Problem bei all dem ist eben nicht allein Vonovia oder andere Immobilienunternehmen, denn der Staat ist auch nicht der bessere Vermieter. Ganz grundsätzlich besteht das Problem darin, dass mit dem für uns notwendigen Wohnraum Profite erwirtschaftet werden können. Dagegen gab es immer wieder von allen Seiten Widerstand. Dieser Widerstand darf nicht darin bestehen, beim Staat zu betteln, dass er ja bitte etwas gegen diese Verhältnisse tun soll. Das wird er nämlich nicht.

In Freiburg kam es in den Letzten Jahren immer wieder zu Angriffen auf die Vonovia, wobei Fahrzeuge des Wohnkonzerns beschädigt und angezündet wurden. Ein Ausdruck davon, wie viele Menschen aus unterschiedlichen Klassen und Schichten dieses Problem trifft. Sodass sich der Widerstand auf unterschiedliche Arten und Weisen ausdrückt.


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