Rote Post #62

Posted: Juni 4th, 2023 | Author: | Filed under: Rote Post | Kommentare deaktiviert für Rote Post #62

 

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Hamburg

Essen an Schulen und Universität wird immer teurer

In Hamburg bekommen immer mehr Familien Probleme damit, das Mittagessen für ihre Kinder in der Schule zu bezahlen. Immer wieder erhöhte sich der Preis fürs Essen an den Schulen in den letzten Jahren. Immer mehr Kinder können nicht mehr in ihrer Schule essen, einfach weil sie es sich nicht leisten können. Doch nicht nur in den Schulen grassiert dieses Problem. Auch die Berufsschulen und Unis sind betroffen von den Preissteigerungen in den Mensen. In diesem Artikel wollen wir einen Überblick über die verschiedenen Bildungsbereiche geben, in denen die Probleme von der herrschenden Klasse in diesem Land völlig ignoriert werden.

Schulsenator sorgt für hohe Preise

Zur Zeit liegt der Preis für eine Mahlzeit an Hamburger Schulen bei 4,15 Euro. Doch nicht mehr lange, denn ab August 2023 hebt der Hamburger Senat die Preisgrenze für ein Schulessen auf 4,80 Euro, also um ganze 65 Cent an. Gerechnet auf einen ganzen Monat sind das knapp 15 Euro, die Eltern pro Kind mehr blechen müssen. Im Jahr 2019 lag diese Preisgrenze noch bei 3,50 Euro, bis Ties Rabe (SPD), Hamburger Senator für Schule und Berufsbildung, einen sogenannten Preisindex einführte. Dieser Preisindex sorgte für Flexibilität bei der Preisgrenze, die zuvor feststand. Denn mit dem Preisindex passen sich die Preise fürs Schulessen der Inflationsrate und den allgemeinen Preissteigerungen an, sodass die Preisgrenze mit steigenden Preisen automatisch höher wird. Nur wenige Monate später kam die Pandemie, die ein Beschleuniger für die wirtschaftliche Krise und damit auch für die steigenden Preise war. Schritt für Schritt gingen die Preise für das Mittagessen also immer weiter nach oben. Besonders zynisch an der ganzen Geschichte ist, dass Ties Rabe und sein Senat die Entscheidung für den Preisindex mit einem Entgegenkommen an die Caterer begründete. Diese beschwerten sich schon 2019, da sie mit immer höheren Preisen konfrontiert waren und wandten sich mit Forderungen an den Hamburger Senat. Diese Forderung bestand aber nie darin, die Preise einfach für die Eltern zu erhöhen. Denn in einem Zusammenschluss mit dem Elternverband legten sie damals einen Vorschlag vor, der besagte, die Preisgrenze zwar zu erhöhen, die Differenz sollte aber von der Stadt subventioniert und übernommen werden. Stattdessen schuf Ties Rabe ein Modell, mit dem die erhöhten Preise zu hundert Prozent auf den Schultern der Eltern lasten.

Im Jahr 2021 wurden gut sechs Millionen Euro Fördermittel von der Stadt zur Verfügung gestellt, um Preise „stabil“ zu halten. Geklappt hat das offensichtlich nicht. Das meiste Geld wurde allerdings für ein Konzept aufgewandt, das vorsieht, Eltern zu „entlasten“, die mehrere Kinder in der Schule haben. Das zweite Schulkind muss dann nur noch einen geringeren Teil des Preises zahlen. Bei diesem Konzept, das es so übrigens nur in Hamburg gibt, wird nicht nach Einkommen unterscheiden. Das heißt, egal ob die Eltern arm oder reich sind, der Preis fürs zweite, dritte oder vierte Kind sinkt. In den meisten anderen Städten und Bundesländern gibt es wenigstens so etwas wie eine „Sozialstaffel“, mit der nur die Familien subventioniert werden, die auch wirklich auf diese Hilfe angewiesen sind – zumindest funktioniert es so in der Theorie. Doch nicht einmal ein solches Modell gibt es in Hamburg. Ganz im Gegenteil, mit seinem sogenannten Preisindex hat Schulsenator Ties Rabe das Problem nur noch verschlimmert und das ausgerechnet wenige Monate, bevor die Krise mit voller Wucht einschlug.

Kleiner Lohn, trotzdem hohe Preise

Auch an den Berufsschulen haben die Auszubildenden mit hohen Mensapreisen zu kämpfen. Gerade Azubis, diejenigen, die mit dem kleinsten Lohn von allen klarkommen müssen, werden mächtig zur Kasse gebeten, wenn sie Mittags warm essen möchten. Doch bekanntermaßen werden die Azubis immer wieder vergessen, sodass keine staatlichen Subventionen oder andere Mittel zur Verfügung gestellt werden. Wir haben mit einer Hamburger Auszubildenden gesprochen, die uns von der Situation an ihrer Berufsschule folgendes berichtete:

In der Mensa meiner Berufsschule gibt es einen Caterer, der die Küche mit Essen beliefert. Das Essen ist extrem teuer und für Schüler, die ein geringes Einkommen haben, fast unbezahlbar. Man zahlt zum Beispiel für eine Flasche Limo mit 2,50 Euro mehr als den Kiosk-Preis und für einen Teller Mittagessen 4-5 Euro. Mit Mittagessen, Getränk und einem Brötchen ist man also ganz schnell bei zehn Euro am Tag.

Mir kann keiner erzählen, dass das nur mit den allgemein steigenden Lebensmittelpreisen zu tun hat, das ist wirklich einfach Wucher. Aber warum wollen sie gerade an den Azubis so viel verdienen, denjenigen, die mit am wenigsten Geld haben und dann auch noch an so was essentiellen wie dem Essen? Und dass es an meiner Berufsschule so teuer ist, obwohl die Meisten bis zum Ende ihrer Ausbildung als Praktikanten gelten und nicht mal ein Azubi-Gehalt erwarten können, verstehe ich wirklich nicht.

Der Weg zum nächsten Supermarkt ist so weit, dass der in den kurzen Pausenzeiten schlicht nicht zu erreichen ist. Und das wenige Geld reicht sicher nicht, um jeden Tag den Imbiss zu besuchen. Manche von uns sind drei bis vier Mal pro Woche hier und haben teilweise von morgens bis abends Unterricht. So bleibt uns nichts anderes übrig, als dass jeder Einzelne den ganzen Tag Taschen voller Proviant mit sich rumschleppt, von der Vorbereitungszeit mal abgesehen. Dabei wäre es doch gar nicht so schwer, eine bezahlbare kollektive Versorgung der Berufsschüler zu gewährleisten.

Unser Lehrer gibt uns nur den Rat, die Mitarbeiterinnen freundlich anzulächeln, auch wenn’s mal nicht so lecker ist. Natürlich, die haben ebenso wenig von dem Profit ihrer Firma und können wohl am wenigsten für unsere Empörung. Aber man soll nicht nur freundlich lächeln, man muss gemeinsam dafür sorgen, dass sich etwas ändert.“

Erhöhte Mensapreise sorgen an der Uni für Widerstand

Noch vor einigen Wochen ließ das Hamburger Schmierblatt MOPO verkünden: „Gute Nachricht für Studenten: Kosten für Wohnheim und Mensa werden nicht erhöht“. Eine „Gute Nachricht“, die für die Studenten reichlich zu spät kommt. Denn im Jahr 2022 haben sich die Preise für Essen in den Mensen, aber auch die Mieten in den Studentenwohnheimen drastisch erhöht. Dass die Preise ab sofort nicht noch höher werden sollen, ist angesichts der Lage ein verdammt schwacher Trost. Die letzte Preiserhöhung gab es im vergangenen August. Mittlerweile zahlt man für ein vegetarisches Gericht um die fünf Euro, wenn Fleisch dabei sein soll liegt man eher bei sechs oder sieben Euro. Damit sind die Unimensen nicht mehr günstiger als der Imbiss um die Ecke. Das bedeutet für einen Großteil der Studenten, dass sie sich das Mensaessen nicht mehr leisten können. In der BRD fallen gut 40 Prozent der Studenten unter die Armutsgrenze. Die BAföG-Sätze reichen bei weitem nicht mehr aus, in den ersten Entlastungspaketen der Bundesregierung haben Studenten keinen Cent gesehen, und die seit Monaten angekündigten Hilfszahlungen sind immer noch nicht angekommen.

Dagegen formiert sich an der Hamburger Uni Widerstand. So gab es Ende 2022 eine Plünderungsaktion, bei der Essen konfisziert und später kostenlos verteilt wurde. Die Wut der Studenten über die Preissteigerungen ist groß. Vor allem darüber, dass Milliarden von Euros für Waffen und Krieg locker gemacht werden, während der Bereich Bildung kaum subventioniert wird. Und nicht zu vergessen sind die Millionenbeträge, die an der Hamburger Uni für Waffenforschungen verpulvert werden. Bisher fehlt aber eine revolutionäre Studentenbewegung, die in der Lage dazu ist, den Kampf für diese Tagesforderungen so zu organisieren, dass er Früchte trägt. Man beschränkt sich auf bloßen Aktivismus mit guten Aktionen, aber ohne tatsächliche Organisation, die aufgebaut werden muss, um diese Kämpfe führen zu können. Das Bedeutet für uns, ob Schüler, Eltern, Azubis oder Studenten, den Widerstand zu organisieren, unsere Kämpfe zu verbinden und uns zusammenzuschließen, um für bezahlbare Mahlzeiten an den Schulen oder Unis zu kämpfen.


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