Rote Post #68

Posted: Oktober 6th, 2023 | Author: | Filed under: Rote Post | Kommentare deaktiviert für Rote Post #68

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Baden-Württemberg

Müll in Freiburgs Arbeitervierteln

Beim Leben in Städten kommen grundsätzlich viele Menschen auf engem Raum zusammen. Da, wo viele Menschen leben, entsteht natürlich auch viel Müll. Grundsätzlich ist dies auch kein Problem, solange der Müll schnell entsorgt wird. Wenn dies allerdings nicht passiert, wird es zu einem gewaltigen Problem. Genau dies ist die Situation in manchen Freiburger Stadtteilen.

Wenn wir uns die Müllsituation in Freiburg anschauen, müssen wir zwischen verschiedenen Stadtteilen differenzieren. Es gibt wohlhabende Stadtteile wie Vauban oder Littenweiler, die wie geleckt aussehen, gemischte Stadtteile, wie den Stühlinger, in welchen man durchaus auch dreckige Ecken finden kann, und dann gibt es noch die armen Stadtteile. Viertel wie Weingarten oder Landwasser, in denen die Mehrheit der Einwohner keine Studenten, sondern Arbeiter sind. Viertel, in welchen es viel Armut und auch einen hohen Anteil an Sozialwohnungen gibt. Die Stadt Freiburg gibt sich zwar oftmals als sehr sozial und menschenfreundlich aus, doch wenn man sich die Lebensbedingungen in den genannten Arbeitervierteln anschaut, dann sieht man, dass das ganze soziale Gesülze von Oberbürgermeister Martin Horn oder den zahlreichen anderen Lokalpolitikern Show ist und es tatsächlich nicht der Wahrheit entspricht. Auch in der Frage der Müllsituation wird dies besonders deutlich.

Wenn man durch Weingarten läuft, dann fällt schnell auf, dass an jeder Ecke Müll auf der Straße herumliegt. Auch an den Müllcontainern den zahlreichen Wohnanlagen sieht man, dass diese absolut überfüllt sind und sich der Müll neben diesen stapelt. Und dabei ist es egal, an welchem Tag und zu welcher Zeit man unterwegs ist. Neben dem zahlreichen Müll, den man überall im Viertel sieht, zeigt sich auch ein weiteres Problem, welches aus dieser Situation hervorgeht: Das Problem mit den Ratten. Häufig sieht man sie hier entlang der Häuser durch die Gegend huschen. Entlang der Müllräume und Container ist die Situation besonders schlimm.Viele Anwohner berichten unseren Korrespondenten, dass sie aufgrund der Ratten Angst davor haben, in die Müllräume zu den Containern zu gehen, um ihren Müll zu entsorgen. Das führt dazu, dass viele Leute ihren Müll dann nicht ordnungsgemäß in den Containern entsorgen, was die Situation natürlich noch weiter verschlimmert.

Wenn man in Weingarten mit den Menschen darüber spricht, was denn die Probleme hier im Viertel sind, bekommt man häufig als Antwort „der Müll“. Die meisten Menschen hier im Stadtteil sind unzufrieden mit der katastrophalen Abfallsituation. Oft schon haben sich Anwohner an die bürgerliche Presse gewandt, um darüber zu berichten, oder sich bei der Stadt für ihr mangelndes Handeln beschwert.

Es gab in den letzten Jahren neue Reinigungs- und Müllkonzepte, sowie Gespräche zwischen Anwohnern und der Stadt, bzw. deren Wohnungskonzern, geändert hat sich jedoch an der ganzen Situation in all den Jahren nichts. Viele Bewohner beschweren sich darüber, dass die Müllcontainer in ihren Wohnanlagen zu klein bzw. zu wenige sind und forderten von der Stadt, dass der Müll öfters abgeholt werden sollte. Die von Anwohnern an die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung Freiburg (ASF) gestellte Forderung, dass für den Stadtteil Weingarten die selbe Reinigungsintensität gelten sollte wie für die Innenstadt, wurde von der ASF allerdings in Vergangenheit bereits abgelehnt. Begründet wurde dies damit, dass dies „schwerlich zu leisten“ wäre, und dass ja ohnehin die Eigentümer oder Hausverwaltung für die Abfallbeseitigung zuständig seien.

Da, wo die Häufigkeit der Abfallbeseitigung zunimmt, läuft dies dann allerdings auch oft zum Nachteil der Bewohner. So hat der Wohnungskonzern Vonovia beispielsweise damit begonnen, eine Firma zu beauftragen, um zusätzlich zu den regelmäßigen Abholungen durch die ASF den Müll in der Vonovia-Wohnanlage im Augener Weg zu beseitigen. Dabei hat die Vonovia die Kosten dafür allerdings nicht mit ihren enormen Profiten bezahlt. Nein, die Kosten für die zusätzliche Abfallbeseitigung wurden einfach kurzerhand auf die Bewohner der Wohnanlage abgewälzt, welche aus ihrer eigenen Tasche nun die doppelten Kosten für die Abfallbeseitigung zahlen mussten. Auch bei Häusern der Freiburger Stadtbau ist das auf ähnliche Weise der Fall.

In der Debatte über die Müllsituation in Freiburgs Arbeitervierteln ist eine typische Argumentation der Stadt und der Wohnungskonzerne, dass die Bewohner der Viertel schuld an jener Lage wären. Es wird immer wieder darauf verwiesen, dass der Grund für die Problematik der sei, dass die Anwohner ihren Müll illegalerweise unsachgemäß entsorgten. Daher bräuchte man auch unbedingt mehr Aufklärung über den richtigen Umgang mit Müll und mehr Gespräche mit den Anwohnern. Gespräche, welche natürlich nichts an der Lage ändern werden. Unterstützung bekommen Stadt und Wohnungskonzerne dabei auch von der Presse. Bei den zahlreichen zu diesem Thema veröffentlichten Artikeln der Badischen Zeitung wird oftmals sehr deutlich klargemacht, dass es ja ein großes Problem sei, dass in den Stadtteilen der Müll illegal und unsachgemäß entsorgt wird und es wird versucht, den Eindruck zu vermitteln, dass dies die Ursache des Problems sei.

In der Tat kommt es auch manchmal vor, dass Müll einfach irgendwo im Viertel abgelegt wird. Aber im Klartext: Wenn die Mülltonnen ständig überfüllt sind, wo sollen die Leute ihren Müll denn sonst hinbringen, außer neben die Tonnen oder auf die Straße? Und natürlich, wenn sowieso schon eine halbe Müllhalde vor der Haustür liegt, hat man auch eine niedrigere Hemmschwelle, seinen Müll einfach dazu zu legen. Doch der ganze Fokus, der auf das falsche Entsorgen des Mülls gelegt wird, ist total unsinnig und dient dem Zweck, die Verantwortung für den Stadtteil von der Stadt und den Wohnungskonzernen weg zu schieben. Es wird außerdem bewusst ein Bild von den „unzivilisierten“ Arbeitern geschaffen, um eine entsprechende Stimmung zu schaffen und auch anhand dieser Frage die Klasse zu spalten.

Die Dinge, die tatsächlich etwas ändern könnten und von vielen Anwohnern auch schon vorgeschlagen wurden, werden von der Stadt einfach abgelehnt. Obwohl jene Viertel dichter besiedelt sind, kommt die Müllabfuhr nicht häufiger als in den anderen Stadtteilen. Und wenn doch zusätzliche Abfallbeseitigung stattfindet, müssen die Bewohner die Kosten übernehmen. Die Stadt weigert sich auch in den zahlreichen von Ratten geplagten Wohnanlagen, Gelbe Tonnen einzuführen, wie es sie in manch anderen Stadtteilen gibt. Diese würden, wenn es sie gäbe, verhindern, dass Krähen und Ratten die gelben Säcke zerfetzen und verteilen, wodurch die Ungezieferplage noch weiter zunimmt. Anstatt mehr Müllcontainer in den Wohnanlagen bereitzustellen, wird sich auf arrogante Weise einfach weiter über das „mangelnde Verantwortungsbewusstsein“ der Anwohner echauffiert.

Den Höhepunkt fand die Müllsituation kürzlich im Stadtteil Landwasser. Über drei Wochen lang wurden dort die Müllsäcke bei drei Hochhäusern in der Auwaldstraße nicht abgeholt. Hintergrund ist, dass die Wohnungsgesellschaft, welche die Häuser vermietet, einfach die Zahlungen an die Stadtreinigung nicht getätigt hat, woraufhin diese die Müllentsorgung bei diesen Häusern einstellte. Die Folge waren absolut unwürdige humanitäre Zustände durch den Müll von mehreren Wochen, welcher sich vor den Häusern stapelte und entsprechend auch eine Rattenplage auslöste, welche die Bewohner vorher noch nie in diesem Ausmaß erlebt hatten. Gleichzeitig wäre so etwas in anderen Vierteln undenkbar. In den eher wohlhabenden Stadtteilen wird auf der Straße herumliegender Müll sofort aufgesammelt und beseitigt. Doch die Situation der Massen in den Arbeitervierteln ist der Stadt egal.

Irgendein reicher Wohnungskonzern zahlt also seine Rechnungen nicht und die Stadt lässt dann einfach die Anwohner dafür leiden. Dieselben Leute, die dafür verantwortlich sind, erzählen uns dann an anderer Stelle, dass wir ja an der schlechten Situation in unseren Vierteln schuld seien. Mit ihrer Arroganz machen sie folgendes klar: Sie scheren sich nicht um die Lebensbedingungen in unseren Vierteln und werden auch nichts an den bisherigen Umständen ändern.


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