Rote Post #7
Posted: August 1st, 2018 | Author: Norah | Filed under: Rote Post | Kommentare deaktiviert für Rote Post #7Die gesamte Ausgabe als Download
BREMEN
Kein Sport für unsere Klasse?
Wenn man sich an seine Kindheit zurück erinnert, werden viele wohl mit Nostalgie auf die unzähligen Stunden zurück blicken, die wir auf Bolzplätzen, in Sportvereinen und Turnhallen verbracht haben. Und auch in der Schulzeit war der Sportunterricht wohl für viele noch eins der angenehmeren Fächer, immerhin besser als in einem stickigen Klassenzimmer zu pauken.
Dass regelmäßige sportliche Betätigung ein wesentlicher Bestandteil eines gesunden Lebens ist, sollte jedem bekannt sein. Ein Blick auf die zahllosen Studien zu dem Thema reicht. Sport und Bewegung hat vor allem in jungen Jahren eine immense Bedeutung für eine gesunde Entwicklung. Sei es beim Kinderturnen für die Allerjüngsten, um bereits im Kleinkindalter ein Körpergefühl zu entwickeln. Seien es Mannschaftssportarten wie Fußball, Volleyball oder Basketball in denen maßgeblich Teamwork, Kollektivität und Verantwortungsbewusstsein gefördert wird oder sei es auch, dass man als Jugendlicher mal ordentlich Frust am Sandsack ablassen kann. In Anbetracht dessen muss auch der hart gesottenste Bewegungsmuffel zugestehen, dass sportliche Betätigung, vor allem in jungen Jahren, aber auch sonst für das körperliche und mentale Wohlergehen von fundamentaler Bedeutung ist. Deshalb schmerzt es uns umso mehr zu wissen, dass viele Kinder unserer Klasse nicht oder nur eingeschränkt die Möglichkeit haben ihr volles sportliches Potenzial zu entfalten.
Dieses Problem kennen auch die Anwohner der Arbeiterviertels Bremen Oslebshausen und Bremen Grambke nur zu gut. Deshalb ergriffen sie auch die Initiative und organisierten am 19. Juni 2018 eine Demonstration, die auf diese Thematik aufmerksam machen sollte. Viele Familien aus den besagten Ortsteilen beteiligten sich an der Demonstration, im Rahmen dieser wurde unter anderem gemeinsam Fußball vor der Bremer Bürgerschaft gespielt um darauf hinzuweisen, dass es in Oslebshausen und Grambke viel zu wenige Sportplätze, Turnhallen und dergleichen gibt. Dazu wurde vom Sportverein Grambke-Oslebshausen ein Flyer ausgearbeitet und verteilt, welcher die genauen Probleme in dieser Hinsicht beschreibt.
Am wichtigsten fest zuhalten ist wohl, dass von acht ortsansässigen Schulen nur zwei über eigene Sporthallen verfügen. Alle anderen Schulen haben entweder keinen direkten Zugang zu Turnhallen noch zu vernünftigen Alternativen, und müssen sich mit sogenannten Bewegungshallen aus den fünfziger Jahren zufrieden geben. Diese sind oftmals relativ weit weg vom Schulgelände entfernt und auch die Bedingungen die dort gegeben sind, sind in keinster Weise hinnehmbar. Das hat dazu auch noch häufig die Folge, dass Kinder gezwungen sind die weiten Strecken zum Sportunterricht mit den völlig überteuerten öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, um dann in maroden Turnhallen Sport zu machen. Außerdem ist es ziemlich nervig, wenn man seine Pause, die für die meisten Schüler nach wie vor das Beste an der Schulzeit ist, damit verbringen muss zum Sportunterricht zu fahren. Eine Lösung dieses Problems ist in den nächsten Jahren nicht vorgesehen. Ganz im Gegenteil sollen trotz der üblen Lage weitere Hallen abgerissen werden, obwohl man sie auch hätte sanieren können, zum Beispiel in den sechs Wochen Sommerferien, die erst kürzlich zu Ende gingen.
In dem Flyer der Anwohner aus Oslebshausen und Grambke werden, neben der Schilderung der Situation, drei Forderungen aufgestellt welche wie folgt lauten:
„Eine schnellere Umsetzung der Sporthallen Sanierung bzw. der Neubauten“
„Eine Mobilbauhalle in Oslebshausen als kurzfristiger Ersatz für die nicht vorhanden Sporthallen“ „Ein sportpolitisches Konzept für den Ortsteil Grambke mit ausreichenden Sportflächen.“
Diese Forderungen sind vollkommen gerechtfertigt und sollten breite Unterstützung finden. Aber es muss ausdrücklich angemerkt werden, dass wir uns niemals auf ein „sportpolitisches Konzept“ dieses Staates oder irgendeines seiner sonstigen Versprechen verlassen können. Ganz im Gegenteil ist es kein Zufall, dass die sportliche Situation ausgerechnet in Arbeitervierteln wie Oslebshausen oder Grambke so prekär ist. Denn genau die gleiche Lage lässt sich auch in anderen Arbeitervierteln beobachten. So gibt es im Stadtteil Bremen Hermelingen eine ziemlich ähnliche Problematik. Während wir außerdem genau so sehen können, dass es in Stadtteilen mit einem höheren Prokopfeinkommen und einer meist anderen Klassenlage der Anwohner – in Stadtteilen wie Peterswerder, Schwachhausen oder Oberneuland – keine solchen Probleme gibt. Kinder haben dort eine Vielzahl an sportlichen Angeboten und auch die Bedingungen für diese sind dort dementsprechend gut. Und genau diese Ungerechtigkeit, die dieses System mit sich bringt, fand unter anderem in der Demonstration der Oslebshausener und Grambker einen Ausdruck.
Es zeigt sich wiedermal, dass die Arbeiterklasse, ohne die dieses ganze System – der Imperialismus – nicht laufen würde, nicht wirklich viel von davon hat und sich, bildlich gesprochen, letztendlich, mit den Krümeln des großen Kuchens, den die herrschende Klassen unter sich aufteilen, begnügen muss. Denn es sind die Arbeiter, die jedes Haus gebaut haben und bauen werden, das in diesem und in jedem anderen Land steht. Und genauso sind es die Arbeiter, die jede Turnhalle und jede Schule gebaut haben ob sie in Oslebshausen oder in Oberneuland steht. Sollte man da nicht meinen, dass es das Recht der Arbeiter ist, dass ihre Kinder auf Schulen gehen, in denen Bedingungen herrschen, die ihren Kindern erlauben sich sportlich und auch sonst voll zu entfalten und zu entwickeln? Sollte man meinen, dass die die nicht selbst arbeiten und nur damit beschäftigt sind den Profit einzuheimsen und Leute herum zu kommandieren, nicht das Recht haben sollten zu entschieden wo die Turnhallen gebaut werden und wo die Schulen so ausgestattet sind, dass die Kinder dort gefördert werden? Deshalb meinen wir, dass es in der gegenwärtigen Situation verständlich ist, dass Leute mit gerechtfertigten Forderungen vor der Bürgerschaft demonstrieren. Aber es ist eine bodenlose Frechheit, dass in der Bürgerschaft von irgendwelchen Politbonzen entschieden wird wessen Kinder ein Recht auf eine altersgerechte sportliche Bildung haben und wessen Kindern dieses verwehrt wird. Und solange es mit diesem System weiter geht werden diese weiter entscheiden, dass die Arbeiter eine neue Turnhalle in irgendein Bonzenviertel bauen.
So sind und bleiben die Forderungen, die in dem Flyer formuliert werden gerechtfertigt. Dennoch werden wir uns nicht auf den Staat des Klassenfeinds verlassen können. Denn dieser Staat ist nicht der Staat des Volkes, nicht der Staat der Arbeiterklasse. Er ist lediglich der Staat der herrschenden Klasse, der Ausbeuter und Unterdrücker. Und dementsprechend handelt dieser Staat auch. Und jedes Mal, wenn der Staat und irgendwelche Politiker Zugeständnisse und Versprechen machen, jedes Mal wenn wir doch eine neue Turnhalle bekommen, dann nur weil sie uns brauchen und weil sie wissen oder es zumindest ahnen, dass es mit ihrem Leben voller Luxus und Überfluss vorbei ist, wenn die Arbeiter sich entschließen Schluss zu machen mit dem System der Ausbeutung und Unterdrückung.
Und deshalb ist jede Turnhalle, die wir von den Herrschenden bekommen, egal wie nett sie es meinen, ein Zeichen für die Stärke, die unserer Klasse innewohnt. Und dafür, dass sie nichts sind wenn wir nicht mehr die nützlichen Idioten für sie spielen. Denn ohne uns gibt es keinen Profit, den sie einheimsen können. Ohne uns gibt es keinen Kuchen, von dem sie uns nur die kleinsten Krümelchen übrig lassen können, ohne uns wird überhaupt nirgendwo eine Turnhalle gebaut. Ohne uns sind sie verloren. Und deshalb müssen wir uns vereinen, kämpfen und uns wehren. Eine vereinte Arbeiterklasse werden auch die Herrschenden mit ihren Milliarden, ihren Ämtern und Behörden, ihrer Armee und ihrer Polizei nicht aufhalten können. Denn eine vereinte Arbeiterklasse wird unbesiegbar sein!