Rote Post #77

Posted: September 30th, 2024 | Author: | Filed under: Rote Post | Kommentare deaktiviert für Rote Post #77

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BRD

„Raue Zeiten“ – 75 Jahre Grundgesetz

Das „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ wurde am 23. Mai 1949 eingeführt. Von September 1948 bis Juni 1949 tagte in Bonn der sogenannte Parlamentarische Rat und erarbeitete das Grundgesetz in dieser Zeit im Auftrag der drei westlichen Besatzungsmächte, den USA, England und Frankreich. Es wurde anschließend von den deutschen Landtagen in den drei westlichen Besatzungszonen, mit Ausnahme des bayerischen Landtags, angenommen. Eine weitere Legitimation wie z.B. eine Volksabstimmung gab es nicht. Das Grundgesetz und die damit einhergehend gegründete Bundesrepublik Deutschland hatten einen provisorischen Charakter. Der Parlamentarische Rat war der Auffassung, wie heute die sagenumwobenen „Reichsbürger“, dass das Deutsche Reich fortbestehe und eine neue Verfassung für den Gesamtstaat daher nur von allen Deutschen beschlossen werden könne. Das Grundgesetz war entsprechend als „vorläufige Teilverfassung Westdeutschlands“ konzipiert, weil es sich nicht auf die mittel- und ostdeutschen Reichsgebiete, sowie das Saarland erstreckte.

Die Gründung der BRD, deren Grundlage das Grundgesetz war, war ein Projekt, welches hauptsächlich von den USA betrieben wurde und Teil des Kampfes gegen den siegreichen Sozialismus. Diese Gründung setzte die Teilung Deutschlands durch, die Gründung der DDR geschah erst im Nachhinein. Mit der BRD wurde ein militarisierter deutscher imperialistischer Staat geschaffen, der fest in die NATO eingegliedert wurde, und der bis heute ein wichtiger Stützpunkt der Yankees ist: rund 40.000 US-Soldaten stehen auf deutschem Boden, ebenso einiges an Atomwaffen und unter anderem auch das Afrika-Kommando der USA. Richtigerweise stimmte die Kommunistische Partei Deutschland gegen dieses Grundgesetz.

Auch wenn das eigentlich ein unrühmlicher Beginn war, eine von den Besatzern als Resultat der totalen Niederlage des deutschen Imperialismus im Zweiten Weltkrieg aufgezwungene Interimslösung, feierte der deutsche Imperialismus jüngst das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes. Insbesondere der Föderalismus, der mit dieser Verfassung dem deutschen Imperialismus auferlegt wurde, ist weiterhin eines der größten bestehenden Probleme, welcher dieser in seinem Bestreben danach den Sprung zur Supermacht zu vollziehen hat.

In seinen Stolz über das Grundgesetz, sagte in einer Feierrede das deutsche Staatsoberhaupt, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, mische sich aber auch Unbehagen. „An einem Feiertag wie heute mischt sich in den Stolz auch Unbehagen. Manche fragen: Was bleibt von den großen Versprechen des Grundgesetzes? Wenn die Menschenwürde garantiert ist – und sich trotzdem viele Menschen feindlich und immer unversöhnlicher gegenüberstehen?“ Das „große Versprechen“ ist in der Tat eine grobe Lüge. Das Grundgesetz ist die Ordnung der Klassengesellschaft, in welcher sich Ausgebeutete und Ausbeuter, Arbeiter und Kapitalisten solange unversöhnlich gegenüberstehen werden, wie dieses System noch existieren wird. Nicht weniger sieht sich das Staatsoberhaupt hier gezwungen anzuerkennen.

Steinmeier fährt in seinen Ausführungen fort: „Ja, die Spannung zwischen Verfassung und Verfassungswirklichkeit ist nicht zu übersehen. […] das Grundgesetz ist […] nicht das Ziel, sondern Kompass. Unser Grundgesetz sagt nicht, was wir sind. Es zeigt uns, was wir sein können. Darin steckt eine Aufforderung für uns, für unsere Zukunft. Das verlangt Mut, Tatkraft und den offenen Blick für die Realität. Wir müssen erkennen, dass sich diese Realität radikal verändert hat. Nach Jahrzehnten […] erleben wir einen epochalen Bruch. […] Manche Gewissheiten, die unser Leben geprägt haben, sind weniger geworden. Wir leben in einer neuen Unübersichtlichkeit.“ Was das deutsche Staatsoberhaupt damit ausspricht, ist in schönen Worten der Aufruf zum Verfassungsbruch. Erst degradiert er die Verfassung zu einer reinen Orientierungshilfe, die sowieso nicht mehr so richtig akkurat sei, um dann aufgrund der sich verändernden Begebenheiten eine neue Richtung vorzugeben. Inwieweit diese Richtung mit dem Kompass der deutschen Verfassung übereinstimmt, bleibt offen.

Neben den bereits angesprochen Fragen des Staatsorganisationsrechts und der Notwendigkeit den Föderalismus zu überwinden, stehen gegenwärtig insbesondere die ersten Paragraphen zunehmend im Feuer der sogenannten Realpolitik. Die dort festgelegten Grundrechte, sind die Entsprechung der „Menschenrechte“ – dargestellt als etwas über den Klassen stehendes, was auch das „Recht“ auf Privateigentum, sprich das „Recht“ des Finanzkapitals die Welt auszuplündern, beinhaltet – in der deutschen Verfassung. Diese Grundrechte sind dem Prinzip nach sogenannte Abwehrrechte des Grundrechtsträgers (d.h. dem Menschen bzw. dem Deutschen) gegenüber Eingriffen von Hoheitsträgern. In der aktuellen Entwicklung lässt sich feststellen, dass besonders Artikel 4 der Glaubens- und Gewissensfreiheit, sowie die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses garantieren soll, Artikel 5 zur Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit, sowie die Freiheit der Kunst und der Wissenschaft, Artikel 8 Versammlungsfreiheit und Artikel 9 über Vereinigungsfreiheit und Koalitionsfreiheit für gewisse Teile der Bevölkerung außer Kraft gesetzt werden. In anderen Teilen dieser Zeitung behandeln wir diese Fragen detailliert, darum seien sie hier nur genannt. Aber auch Artikel 12 über das Verbot der Zwangsarbeit und Artikel 16a der das Recht auf Asyl garantiert sind in ihrer Gültigkeit wesentlich eingeschränkt. Betroffen sind davon in der Regel „natürlich“ Ausländer und solche Menschen, die sich in irgendeiner Form in Opposition zum Status Quo stellen. Artikel 20 der dem Rechtsträger eigentlich ein sogenanntes Widerstandsrecht zugesteht wurde mit den Corona-Maßnahmen in sein Gegenteil verkehrt. Als hunderttausende mit dem Grundgesetz in der Hand marschierten, um ihre Rechte einzufordern, war es das Infektionsschutzgesetz welches dem „Menschenrecht“ übergeordnet wurde, entsprechend schlug die deutsche Polizei die Protestierenden mit aller ihr zur Verfügung stehenden Brutalität zusammen und griff eine friedliche Demonstration, an deren Spitze auch Frauen mit Kinderwägen gingen, mit Wasserwerfern und biologischen bzw. chemischen Kampfstoffen an. Kein Wunder, dass Steinmeier ein Lapsus passierte, als er den Artikel 1 einen „Fickstern“ nannte, denn die Würde des Menschen ist antastbar in Deutschland.

Die herrschende Klasse, die Bourgeoisie, bricht ihr eigenes Recht nach Belieben, bzw. entsprechend ihren Notwendigkeiten und in diesem Sinne verkündet der Bundespräsident: „Wir leben in einer Zeit der Bewährung. Es kommen raue, härtere Jahre auf uns zu. Die Antwort darauf können und dürfen nicht Kleinmut oder Selbstzweifel sein. Es wäre ganz falsch, den Kopf in den Sand zu stecken oder von einer bequemeren Vergangenheit zu träumen. Falsch ist es nach meiner festen Überzeugung auch, täglich den Untergang unseres Landes zu beschwören. All das lähmt, das bringt uns nicht weiter. Wir müssen uns jetzt behaupten – mit Realismus, mit Ehrgeiz. Das ist die Aufgabe unserer Zeit. Selbstbehauptung ist die Aufgabe unserer Zeit! […] wir müssen unsere Ziele schärfen und anpassen an die neuen Herausforderungen. Und vor allem müssen wir offen reden über die Größe der Aufgabe und die Verantwortung, die für uns daraus erwächst, für die Politik, aber auch für jeden Einzelnen von uns. […] Wir müssen mehr tun für unsere Sicherheit. Wir müssen in unsere Verteidigung investieren, wir müssen unser Bündnis stärken. […] Militärische Sicherheit und gesellschaftliche Widerstandskraft, beides gehört zusammen. [..] Wer heute unsere liberale Demokratie bekämpft, muss wissen, dass er es dieses Mal mit einer kämpferischen Demokratie und mit kämpferischen Demokratinnen und Demokraten zu tun hat.“ Es wird wieder einmal deutlich: Militarisierung ist für den deutschen Imperialismus und dem ersten Mann im Staat das Gebot der Stunde, um den Herausforderungen zu begegnen. Wenn die Revisionisten rote Fahnen mit roten Fahnen bekämpfen, so bekämpft hier ein Demokrat die Verfassung mit der Verfassung und verunglimpft im gleichen Atemzug alle, die im allgemeinen nicht seiner Meinung sind als Extremisten und bedroht sie ganz unverhohlen und direkt. „Alles für Deutschland“, sagt Bernd Höcke, und Steinmeier tut es ihm gleich. Alle Bereiche der Gesellschaft, die juristischen Institutionen, die dem Vormarsch der Exekutive in Teilen noch Widerstand leisten eingeschlossen, werden »kriegstüchtig« gemacht. An der Heimatfront schleift man die Grundrechte, schränkt die Religions-, Meinungs-, Versammlungs-, Organisations- und Pressefreiheit ein. Mit Gesetzen und Verordnungen, vermittels polizeilichem Gutdünken oder den diversen Geheimdiensten soll für Ruhe und Ordnung gesorgt werden, wo der Aufstand schwelt. Denn, wie Steinmeier richtig feststellt, ist die deutsche Demokratie „unter Druck“, bedeutet die herrschende Diktatur des deutschen Imperialismus ist schwach und nicht stark, sterbend und nicht vital, und es „erstarken […] Kräfte, die sie schwächen und aushöhlen wollen, die ihre Institutionen verachten“. Sie haben Angst, Angst vor dem „eigenen“ Volk. Niemand sollte Illusionen in die bürgerlichen Verteidiger von „Demokratie und Menschenrechten“ haben, genauso wenig darf Unklarheit darüber bestehen, dass das Grundgesetz eine Verfassung der Diktatur einer Klasse über eine andere, der Herrschenden über uns, ist.


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