Rote Post #11
Posted: Dezember 1st, 2018 | Author: Norah | Filed under: Rote Post | Kommentare deaktiviert für Rote Post #11
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BREMEN
Scheiße fliesst immer nach unten
Der Autohersteller Mercedes Benz ist der größte Arbeitgeber im Bundesland Bremen. Vor 2017 war das Werk sogar von den Produktionszahlen her an der Weltspitze des Herstellers, bis es vom Werk in der chinesischen Hauptstadt Peking überholt wurde. Mit etwa 12.500 Beschäftigten führt der zweitgrößte Werksstandort der Daimler AG in Deutschland die Liste der größten Unternehmen in Bremen aber unangefochten an. Zusätzlich zu den Arbeitern, die beim Konzern fest angestellt sind, kommen noch die viele weitere Beschäftigte, die ebenfalls auf dem Gelände von Daimler arbeiten, allerdings über Fremdfirmen angestellt werden. Zudem arbeiten dauerhaft rund 800 Leiharbeiter bei Mercedes, die sich der Konzern direkt von den zahllosen Leihfirmen ausleiht. Von Logistikern oder Bauhelfern, über das Kantinenpersonal bis hin zu den Reinigungskräften ist hier alles dabei. Doch diese Arbeiter können von den Löhnen der Festangestellten, die die 3000 Euro noch übersteigen, nur träumen. Denn sie sind meist bei verschiedenen mittelständischen Unternehmen beschäftigt, die sich in absoluter Abhängigkeit zum Monopol Daimler befinden und somit ohne Daimler überhaupt nicht weiter existieren könnten. So arbeitet die BLG (Bremer Lagerhaus Gesellschaft), die der zweitgrößte Arbeitgeber in Bremen ist und auch in enormer Zahl Leiharbeiter beschäftigt, fast ausschließlich im Auftrag von Mercedes. Genauso ist es bei Unternehmen wie Stute, Rhenus, Lorel, Lear Corporation oder zum Teil auch dem Bremer Martinshof. Bei all diesen Unternehmen, ausgenommen vom Martinshof, wo allerdings Menschen mit Behinderung auf ekelhafte Art und Weise ausgebeutet werden, ist die Beschäftigung von Leiharbeitern an der Tagesordnung.
Nun wurde vor einigen Monaten bekannt gemacht, dass die Fahrzeugproduktion im Bremer Daimlerwerk zurück geschraubt werden soll. Statt wie bisher über 420.000 Autos pro Jahr sollen künftig nur noch unter 400.000 Autos im Bremer Werk hergestellt werden. Um dies nochmal in konkreteren Zahlen auszudrücken: Für das Jahr 2018 waren ursprünglich 428.000 Einheiten geplant, doch dann wurde diese Zahl um 20.000 Einheiten auf „nur noch“ 408.000 Einheiten, die vom Band rollen sollen reduziert. Aus einem Gespräch, das wir mit einer Mercedes Benz Arbeiterin geführt haben, kristallisierte sich eine Prognose von nur noch etwa 380.000 Fahrzeugen für das Jahr 2019 heraus.
Wer hauptsächlich darunter leidet sind wie so oft die Leiharbeiter, die oft mit Lügen und falschen Versprechen von Übernahmechancen (würden sie sich nur gut genug bemühen) gelockt werden. In Wirklichkeit gibt es keine Sicherheit, keine Planbarkeit. Solange man gebraucht wird, nette Miene, wenn aber nicht mehr, darf man seine Sachen packen. So auch in diesem konkreten Fall. Denn Daimler machte Ende Oktober 2018 bekannt, dass 240 Leiharbeitsstellen gestrichen werden. Anfangs standen noch ganze 560 Stellen, die durch Leiharbeiter belegt werden, im Raum. Nun konnte sich aber mit dem Betriebsrat auf erst einmal „nur“ 240 Stellen geeinigt werden. Gute Arbeit von den angeblichen Arbeitervertretern vom Betriebsrat, auf die wir uns, wie dieses Beispiel einmal mehr zeigt, niemals verlassen können. So sind 240 Arbeiter wieder arbeitslos und dürfen sich nun den nächsten Job in diesem Sklaventreibersystem namens Leiharbeit bemühen. Doch wir brauchen keinem Leiharbeiter erzählen, welch beschissenen Bedingungen er ausgesetzt ist. Über die Hälfte der Leiharbeiter (54 Prozent im Jahr 2015) werden nach einer Beschäftigungsdauer von weniger als drei Monaten wieder entlassen. Nun sind allerdings immer noch 320 Leiharbeitsstellen offen, die Daimler offensichtlich auch noch loswerden will. Ein erster Lösungsansatz ist ein neues Konzept von Daimler in Kooperation mit der IG-Metall, welches festangestellten Arbeitern ermöglicht, Urlaubstage gegen Lohn einzutauschen. Das heißt im Klartext, dass acht freie Tage genommen werden können, wenn auf 27,5 Prozent eines Monatslohns verzichtet wird. Bisher gingen 2600 Anträge hierfür ein, das entspricht etwa 100 Arbeitsstellen, die so umgerechnet wegfallen würden. So kann die Entlassung der übrigen Leiharbeiter noch einmal ein wenig heraus gezögert werden. Doch die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass weitere Entlassungswellen bei Daimler folgen werden, die wieder Leiharbeiter treffen, zumal der Daimlervorstand seinen Festangestellten eine Jobgarantie bis 2029 gegeben hat. Mit kleineren Entlassungsschüben lassen sich auch Streiks und Aufruhr vermeiden, die bei einer großen Entlassungswelle folgen könnten. Aber festzuhalten ist, wer nicht mehr gebraucht wird, wird einfach weggeworfen und kann gucken wo er bleibt.
Eine weitere Erkenntnis haben wir durch ein Gespräch mit einem Arbeiter des Logistikunternehmens Stute erlangt. Die Logistikunternehmen Stute und Rhenus (beide Unternehmen beschäftigen wie bereits erwähnt viele Leiharbeiter), die auf dem Mercedes Werksgelände in den Hallen von Mercedes arbeiten, bekommen befristete Aufträge. Stute bekommt ca. 90 % der Aufträge, da bei der Firma Rhenus angeblich zu oft unsauber gearbeitet wird. So hat das Unternehmen für den Neubau Halle 80 ebenfalls die Ausschreibung bekommen und die Arbeiter dort müssen sich erst mal keine Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen. Die Arbeiter der Firma Rhenus hingegen schon. Denn jetzt werden Arbeiter von Rhenus durch die Arbeiter von Stute ersetzt. So verlieren weitere Leiharbeiter ihre Jobs, da sie angeblich schlecht gearbeitet haben. Dies ist natürlich auch eine weitere Methode um Stellen abzubauen. Außerdem schafft die Bourgeoise es auf diese Art, Arbeiter verschiedener Unternehmen gegeneinander aufzuhetzen bzw. die Arbeiterklasse zu spalten. Die Spaltung unserer Klasse ist ein wichtiges Mittel der Bourgeoise um ihre Macht zu erhalten. Dies passiert auf verschiedene Weisen. Sie versuchen uns in Deutsche oder Ausländer, Leiharbeiter oder Festangestellte oder auch Arbeiter des einen oder des anderen Unternehmens zu spalten. Denn die Herrschenden, die Ausbeuter und Unterdrücker wissen um die Stärke die den Massen, die unserer Klasse inne wohnt.
Des Weiteren ist interessant, dass Mercedes Benz einen neuen Werksstandort im ungarischen Kecskemét errichtet, in den der Konzern gleich mal eine Milliarde Euro pumpt. In diesem Werk soll genau dieselbe Modellpalette wie auch in Bremen produziert werden. Das sorgt auch für Unruhe im Daimlerwerk Bremen. Denn in Ungarn kann Daimler deutlich günstiger produzieren als in der BRD, so dass die Arbeiter in Bremen und vor allem selbstverständlich die Leiharbeiter um ihre Jobs bangen müssen. Die Stagnation der Produktion in Bremen und die Errichtung eines neuen Werkes im Ausland, in dem dieselbe Modellpalette hergestellt werden soll, gehen Hand in Hand.
In diesem System gibt es keine Lösung für die Arbeiterklasse. Denn wie der Titel dieses Artikels schon sagt, fließt scheiße immer nach unten. Wir können sehen und spüren wer am meisten unter diesem maroden Ausbeutersystem, dem Imperialismus, zu leiden hat. Es sind wir, die Arbeiter, diejenigen die nichts haben, eben die tiefsten und breitesten Teile der Massen. Alles (scheinbar) Gute kommt bei uns zuletzt an, alles Schlechte bekommen wir als erstes zu spüren. Sie treffen ihre Entscheidungen angeblich für uns, doch was dabei herauskommt ist Sklaventreiberei. Was wir brauchen ist eine Partei, die wirklich für uns einsteht, eine Partei neuen Typs. Diese Partei kann nur die Kommunistische Partei sein. Eine Partei, die aus uns Arbeitern selbst besteht, von ihnen angeführt wird und sich nicht zum Wahlzirkus im Parlament aufstellen lässt. Eine vereinte Arbeiterklasse unter der Führung der Kommunistischen Partei, welche wir in diesem Land wieder aufbauen müssen, kann nicht besiegt werden. Nur diese Partei kann die Lösung unserer Probleme sein und nur diese Partei kann uns den Pfad zu unserer Befreiung erleuchten. Eine Gesellschaft, in der wir Arbeiter die Sache selbst in die Hand nehmen und keine Entscheidungen über unseren Köpfen und gegen unsere Interessen gefällt werden. Eine Gesellschaft die unser sein wird.